Gut und Böse, Wenig Theater, Bühnenmusik, Martin Lejeune, Uli Höhmann, Saskia Taeger, Regina Wenig

Gut und Böse – Frankfurter Neue Presse

Die Frankfurter Neue Presse am 01.10.2016 über unsere Theater Performance am Hbf Ffm

Dieses Theaterstück passt zum Frankfurter Bahnhofsviertel

von Alexandra Flieth
Wer ist eigentlich gut, wer böse und warum? Fragen, die Theatermacherin Regina Wenig in ihrem Stück „Gut und Böse“ beleuchtet und am Hauptbahnhof in Szene setzt. Grundlage hierfür sind 30 Interviews, die sie unter anderem mit Polizisten, Opfern und einem verurteilten Räuber führte.
Bahnhofsviertel.
Der Frankfurter Hauptbahnhof ist ein Ort, der täglich neue Geschichten erzählt: Menschen begegnen sich, nehmen Abschied, kommen an, sind am Leben gescheitert, durch das soziale Netz einer Gesellschaft gefallen, teils kriminell. Die Vielfältigkeit und Unterschiedlichkeit machen diesen Ort zur idealen Bühne für die Performance „Gut und Böse“, die von Theatermacherin Regina Wenig (44) entwickelt und zusammen mit der Schauspielerin Saskia Taeger, Sprecher Uli Höhmann und dem Frankfurter Musiker Martin Lejeune in Szene gesetzt wird.

Grundlage für das Stück bilden 30 Interviews, die Wenig unter anderem mit Polizisten, Opfern, einem Richter, einem verurteilten Räuber, aber auch mit Mönchen, einem Imam, Erziehern und einem „Krieg der Sterne“-Fan führte. Sie hat auch mit Kindern über das Thema gesprochen. Die Interviews wurden aufgenommen, als Text verfasst und den Befragten noch einmal vorgelegt, bevor Wenig hieraus das Theaterstück erarbeitete. „Die Befragten sind anonymisiert. In der Theaterperformance sind wir ihre Sprachrohre“, erzählt sie.

Schwierige Kindheit

Für die Inszenierung hat sich Wenig einen besonderen Ort am Hauptbahnhof gesucht. Das Casino der Deutschen Bahn am Gleis 24. Besonders ist dieser Ort deshalb, weil die Architektur zwei große Fensterfronten hat. In einer hiervon sitzt das Publikum wie in einem Aquarium. Nicht nur, dass es selbst auf das geschäftige Treiben entlang des Gleises blicken kann, auch die Reisenden schauen im Vorbeigehen – stets mit fragendem und irritiertem Gesichtsausdruck – ins Innere hinein.

Dort agieren Schauspielerin Saskia Taeger und Sprecher Uli Höhmann, Musiker Lejeune untermalt das Spiel mit hierzu eigens komponierter Musik. Auch Wenig tritt – in einem Rotkäppchen-Cape gekleidet – auf. Als Opfer eines Verbrechens, das mitten unter den Augen zahlreicher Reisender in einer S-Bahn am Hauptbahnhof zusammengeschlagen wurde.

Schauspielerin Taeger taucht ein in das Leben eines verurteilten Tankstellenräubers, einer ebenfalls realen Figur. In ihrem Spiel visualisiert sie die inneren und äußeren Konflikte, die den Täter dazu bewegen, Überfälle zu begehen. Nach und nach erfährt das Publikum, dass das Leben des jungen Mannes alles andere als geradlinig verlief – von schwierigen familiären Umständen, dem Abschieben in Betreuungseinrichtungen, einer frühen Vaterschaft und tiefen Depressionen.

Höhmann beschreibt die Gedanken eines Kriminalbeamten, der so manches Ideal aus den Anfängen seines Berufes im Laufe der Zeit überdenken musste, diesen aber dennoch liebt, obwohl es viele Schattenseiten gibt.

Frage der Perspektive

Wer wissen möchte, worum es geht, kann von draußen über Kopfhörer teilhaben an der Performance. Ansonsten ist vom Bahnsteig aus nichts zu hören, immer wieder jedoch verlassen die Darsteller das „Aquarium“ und gehen raus. Sie sind mit Headsets ausgestattet und übertragen so das Geschehen am Gleis ins Innere, das Publikum nimmt teil.

„Ich bin in der Auseinandersetzung mit dem Thema sehr viel demütiger geworden“, sagt Wenig. Es sei ihr wichtig gewesen, sich diesem Thema neutral zu nähern, keine Wertung vorzunehmen. Gleichzeitig aber auch eigene Klischeevorstellungen mit der Realität abzugleichen. „Die Frage nach dem, was gut und was böse ist, ist für mich auch immer eine Frage der Perspektive“, resümiert Saskia Taeger ihre Sichtweise auf das Thema.

Renate Wenig studierte angewandte Theaterwissenschaften beim Theaterregisseur und Professor Heiner Goebbels an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Das Stück „Gut und Böse“ ist bereits die dritte Inszenierung, für die Wenig den Hauptbahnhof ausgesucht hat. „Los Heimat los/Worte auf der Flucht“ lautet das Projekt aus dem Jahr 2013. Es folgte im Jahr darauf „Asking Rhein-Main. Eine theatrale Reise“. „Der Hauptbahnhof ist für mich ein Ort mit einer besonderen Aura“, sagt die Theatermacherin.

Finanziell unterstützt wurde das Projekt vom Kulturamt der Stadt und dem Land Hessen.

Artikel vom 01.10.2016, 13:36 Uhr (letzte Änderung 08.10.2016, 03:34 Uhr)
Artikel: http://www.fnp.de/lokales/frankfurt/Dieses-Theaterstueck-passt-zum-Frankfurter-Bahnhofsviertel;art675,2245230
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