Martin Lejeune, Verena Specht-Ronique, Berthold Dirnfellner, Literarischer Ozean, Neues Theater Höchst

„Venezia – BitterBlue, Vienna – NachtBlau“

Jazz & Poetry

Neues Theater Höchst, 5.10.2015

Verena Specht Ronique – Rezitation, Martin Lejeune – Sounddesign, E-Gitarre, Berthold Dirnfellner – Text

Frankfurter Neue Presse Rezension vom 8.10.2015

Was passiert, wenn man Worte in Verbindung setzt?
von Alexandra Flieth
Berthold Dirnfeller führt Interessierte in einer Reihe des Neuen Theaters Höchst an die Wirkung von Literatur heran
Seit Jahren pflegt der Publizist Berthold Dirnfellner die Literatur im Programm des Neuen Theaters Höchst.
Höchst.
„Literarischer Ozean“, so nennt Berthold Dirnfellner eine Reihe im Neuen Theater Höchst, die er ins Leben gerufen hat. „Die Literatur“, vergleicht er, „ist wie ein großer Ozean mit seinen vielfältigen Erscheinungen.“ Dirnfellner lebt Literatur, wie er selbst sagt, „24 Stunden am Tag“. Seit Jahren nimmt sich der Leiter der Literaturwerkstatt Höchst und Buchautor ihrer an, erforscht und entdeckt bereits bestehende Literatur und lässt diese Auseinandersetzung einfließen in eigene literarische Texte.

Wenn man den gebürtigen Höchster fragt, so sagt er über sich selbst, dass er kein Erzähler sei. Und so steht beim „Literarischen Ozean“ auch keine Erzählung im Mittelpunkt. Vielmehr geht es um die literarische Wahrnehmung von Städten, besonderen Städten wie Venedig, Wien, Frankfurt oder Paris. „Venezia – BitterBlue, Vienna – NachtBlau“ heißt Dirnfellners Werk, das er gemeinsam mit Schauspielerin und Sprecherin Verena Ronique auf der Bühne des Neuen Theaters inszeniert. Jazzgitarrist Martin Lejeune begleitet die beiden. „Eine Generalprobe gibt es vorher nicht“, sagt er. Improvisation lautet das Stichwort. Sprecher und Musiker, so die Intention, sollen spontan inspiriert werden durch den Text.

„Eine Stadt nur als Ort einer Handlung in den Mittelpunkt zu stellen ist kein literarischer Text über eine Stadt“, betont der Autor. Die Stadt werde in diesem Fall zu einer bloßen Kulisse. Dirnfellner gehe es mit seiner literarischen Arbeit vor allem darum, die ästhetische, nicht die inhaltliche Ebene eines Textes darzustellen. „Welche Möglichkeiten gibt es, einen Text zu gestalten? Welche Worte verwende ich und was passiert damit, wenn ich sie miteinander in Verbindung setze?“

Die Entscheidung für die Literatur hat er nie bereut, sein finanziell abgesichertes Leben als Fotograf schon früh an den Nagel gehängt und stattdessen Germanistik und Philosophie studiert. „Ich wusste, dass dies der Weg für mich ist“, sagt er. „Es geht mir nicht nur um das Schreiben, sondern auch um das bessere Verstehen von Literatur. In der Schule lernt man Sprache als einen rationalen Vorgang kennen. Sprache ist aber vielmehr“, betont er weiter. Genau das möchte Dirnfellner auch den Teilnehmern der Literaturwerkstatt Höchst vermitteln. „Ich gehe bei meiner Arbeit in der Literaturwerkstatt nicht davon aus zu wissen, was die richtige Sprache ist. Vielmehr möchte ich, dass die Teilnehmer ihre eigene Sprache finden.“

Dirnfellner hat selbst mehrere Bücher geschrieben, darunter eine Trilogie zu den Komponisten Robert Schumann, Franz Liszt und Franz Schubert, aber auch zu Frankfurt mit dem Werk „Bitterblue Frankfurt literarisch“. „Ich freue mich, wenn meine Texte und Bücher gelesen werden, doch es geht mir nicht darum, den Markt zu bedienen.“

Der „Literarische Ozean“ ist nicht die erste Veranstaltungsreihe, die Dirnfellner im Neuen Theater Höchst inszeniert. Bereits seit Eröffnung des Hauses 1987 gestaltet er dort das literarische Programm. Seitdem hat er Veranstaltungsreihen zu den Klassikern der europäischen Literatur auf die Beine gestellt. Die nächste Veranstaltung in der Reihe ist für den 3. April 2016 geplant.

(alf)
Artikel vom 08.10.2015, 03:30 Uhr (letzte Änderung 08.10.2015, 03:32 Uhr)
Artikel: http://www.fnp.de/lokales/main-taunus-kreis/Was-passiert-wenn-man-Worte-in-Verbindung-setzt;art676,1630594
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